Nachdem ich am 5. Januar den Blog über meine Social Media Kanäle teilte, meldete sich der ein oder andere Freund, Bekannte und Verwandte. Darunter auch Elli: Super Projekt, Doris! Ich mach das schon seit Jahren für Kleidung und Möbel.
Woher ich Elli kenne...
Elli habe ich über meine Schwester kennengelernt. Sie haben gemeinsam bei der GIZ (nein nicht GEZ) gearbeitet und wie die meisten Freundinnen meiner Schwester ging auch Elli irgendwann für eine Entwicklungszusammenarbeit eine Zeit lang ins Ausland. Es verschlug sie nach Nairobi, wo meine Schwester und ich sie 2013 besuchten. Elli war begeistert von der Mode in Kenia und den Schneiderinnen, die aus den bunten Stoffen super schöne Kleider herstellten, oder aus Second-Hand-Kleidung kreativ Neues schafften (Upcycling).
Elli 2013 in schönen geschneiderten Hosen von ihrer Lieblingsschneiderin am Toi-Market
Kaum angekommen, fuhren wir am ersten Tag in Kenia zur Designerin und Schneiderin ihres Vertrauens – mittlerweile eine Freundin – auf dem Toi-Market (ein Freiluftmarkt am Rande des sog. “Megaslums” Kibera; zu Höchstzeiten (2008) verkauften dort über 5000 Händler ihre Waren; neben Gemüse und Waren aus China, vor allem aber gebrauchte Kleidung. Im März 2019 zerstörte ein großes Feuer den Markt)
Da wir etwas Zeit hatten bummelten wir über den Markt und meine Schwester entdeckte Bally-Schuhe - ein Paar in Ellis Schuhgröße für 5 Euro und ein Paar in ihrer Größe. Ich würde behaupten, dass beide die Schuhe später nie getragen haben. Aber wer sortiert denn so gute Bally Schuhe aus? Die mussten ganz klar adoptiert werden!
Hier unten könnt ihr ein paar Bilder sehen, die ich Undercover auf der Straße zum Markt gemacht habe, als wir 2013 dort waren. Es war mein erster Tag in Afrika und ich hatte sowas noch nie gesehen. Im Nachhinein betrachtet sieht es aus wie am Mauerpark Flohmarkt in Berlin im Herbst :) Unter dem Interview habe ich euch ein paar aktuelle Videos von den Märkten um Nairobi herausgesucht.
Was Elli jetzt macht
Elli wohnt nun in Berlin, aber ich hatte sie schon Jahre nicht mehr gesehen. Nur einen Tag nach meinem Post und ihrer Nachricht trafen wir uns zu einem schneller Kaffee und ich hatte viele Fragen:
Seit wann kaufst du fast nur Gebrauchtes und für welche Kategorien?
Gebraucht kaufe ich vor allem Kleidung und Möbel. In den 18 Monaten in Kenia habe ich mich so daran gewöhnt und dafür geöffnet Second Hand Kleidung bzw. upgecycelte Kleidung zu kaufen, dass ich nach meiner Rückkehr den Vorteil von Neuware nicht mehr sehen konnte. Ich erinnere mich noch heute an die Bally-Schuhe vom Toi Market. Damals hatte ich noch nicht viel Ahnung von Marken, heute sieht das anders aus. Heute ist die Marke, wenn sie für qualitativ hochwertige Materialien oder Langlebigkeit steht, eines meiner Hauptkriterien bei der Suche von Second Hand. Vieles, was ich auf dem Toi-Market gekauft habe, habe ich mir von meiner Schneiderin dort anpassen lassen. Das meiste davon habe ich noch heute.
War es eine bewusste Entscheidung?
Nein, das war es nicht, aber Neuwaren wurden für mich immer weniger zur Option.
Machst du Ausnahmen?
Ganz so streng bin ich nicht. Ich versuche Neuwaren zu meiden, aber ich kaufe auch schon mal neu. Bei Geschenken z.B. mache ich Ausnahmen und bei nachhaltigen Marken. Ich unterstütze auch gern kleinere Labels.
( Kurze Pause) Hosen sind ein schwieriges Thema bei Second Hand. Da kaufe ich auch manchmal eine neue. Und auf Reisen kaufe ich auch Neues, wie den Yakwolle-Schal, den ich aus der Mongolei mitgebracht habe. (Sie zeigt auf ihren Schal)
Neuwaren haben aber auch ihren Reiz. Zum Beispiel habe ich neulich ein wunderschön gelayoutetes Kunstbuch als Geschenk gekauft - es wäre mir schwer gefallen, so etwas gebraucht zu besorgen. Gerade weil es so makellos ist, wirkt es ganz toll.
Wo kaufst du ein?
Für Kleidung nutze ich hauptsächlich Kleiderkreisel. Anfangs denke ich, ist man dort überfordert, zumindest ging es mir so. Aber wenn man die Suchkriterien schlau nutzt - Marken, Materialien, Größen und Preise einstellt - findet man super Sachen. Für mich funktioniert Kleiderkreisel gut.
“Man muss aber wissen was man will”
Ansonsten verwende ich Ebay Kleinanzeigen. Da habe ich auch Geräte für meine Küche gekauft.
Ich versuche auch immer etwas in Berlin zu finden. Idealerweise hole ich es dann mit dem Fahrrad ab. Das ganze Hin- und Herschicken ergibt für mich recht wenig Sinn. Ich hatte einen Lieblings-Vintage-Shop in den USA, wo ich ab und zu bestellt habe. Aber einmal musste ich für eine Bestellung 30 € beim Zoll hinlegen, deswegen bestelle ich heute nicht mehr dort.
Ja, das mit den Steuern bei Gebrauchtwarenläden ist ein Thema für sich. Da man bei Ebay und Kleiderkreisel diese Zusatzkosten nicht hat, ist das noch ein Grund von Privat zu kaufen - dem gegenüber, sollte es eigentlich auch eine Mehrwertsteuer-Vergünstigung oder andere Anreize geben für den Kauf bei ReCommerce-Händlern oder Second-Hand-Stores.
Ansonsten organisiere ich unregelmäßig Kleidertauschparties für Freundinnen, die dann Kleidung mitbringen, die sie nicht mehr wollen.
Funktioniert das mit den Größen?
Meistens ja. So ein bisschen Puffer hat man ja auch mit dem Oversize-Look.
Kennst du ReCommerce-Unternehmen?
Ja, aber nur für Elektroartikel. Mein letztes Smartphone habe ich bei Refurbed bestellt, die sind zusätzlich umwelttechnisch engagiert und unterstützen Baumpflanzungen.
Hast du das Gefühl, du musst auf irgendwas verzichten?
Nein. In Läden gehen ist eher Stress für mich. Ich weiß ja, was ich brauche und will dann nicht durch 100 Läden laufen, um es zu suchen. Und Second Hand ist ja auch billiger. Meine Cousine trug neulich schöne Boots. Eine Woche später hatte ich die auch, habe dafür nur einen Bruchteil bezahlt und sie waren kaum getragen.
Verzicht ist das Second Hand Kaufen überhaupt nicht, eher eine Bereicherung, würde ich sagen. Ich habe eine größere Auswahl, ein saisonunabhängiges Sortiment, kein Modediktat und zudem bessere Preise.
Enttäuschungen gab es aber schon, deswegen habe ich mir ein Limit von ca. 30 € gelegt, da man ja nichts zurückgeben kann. Manchmal beschreiben und bewerten die Verkäufer die Produkte nicht fair und dann ist es schon schade, dass man etwas gekauft hat, auf das man sich gefreut hat und dann kann man es nicht nutzen oder hat gefühlt zuviel dafür bezahlt. Manchmal sind die Preise auch zu hoch angesetzt und die Leute lassen nicht mit sich reden oder sie antworten ewig nicht. Etwas Zeit kostet es dann schon.
Einschub: Ganz zufällig haben Elli und ich den gleichen Aigner-Wintermantel. Ich hatte schon ein paar Mal überlegt, meinen zu verkaufen. Neu hatte er 220 Euro gekostet. Elli hat ihren für 30 Euro ohne jegliche Gebrauchsspuren bekommen.
Redest du mit anderen darüber?
Im Freundeskreis geben wir uns manchmal Tipps, wenn wir neue Läden oder faire Marken entdecken. Ich missioniere aber keinen, dann schon eher mit dem Thema fleischlose oder -arme Ernährung.
Nur in meiner Familie, da zeige ich gerne meine neuesten Schätze, besonders weil da manche noch die Einstellung haben: Ich gönn mir mal was und kauf mir was Sschönes, auch wenn man gerade gar nichts braucht. Umso näher die Menschen einem sind, umso eher kann man etwas sagen.
Meine Tante schenkt mir oft Kleidung von ihren Kleidertauschparties. Sie wohnt in München und ich bekomme oft die schönsten Sachen von ihr. Bei Leuten, die man kennt, und weiß, dass sie offen dafür sind, kann man auch Gebrauchtes verschenken.
Nach unserem Gespräch habe ich mich sehr gefreut, dass ich Elli wiedergesehen habe. Und auch, dass durch unser Treffen unser Ausflug zum Toi-Market vor 6 Jahren so früh Thema auf meinem Blog sein durfte.
Danke, Elli, für deine Zeit und Offenheit zu diesem Thema!
Hier noch einige aktuellere Eindrücke von Altkleider-Märkten in Kenia, die ich bei Youtube gefunden habe, für die, die sich gefragt haben, wo die meisten Altkleider (“mitumba” genannt) hingehen, die wir in Spendencontainer geben. Demnächst werde ich auch mit jemanden sprechen, der die Altkleidercontainer leert.
Zusatzinfo: 100 Schilling sind 90 Euro Cent.
Gikomba Market (der größte dieser Märkte in Nairobi)
Das Video ist 5 Minuten lang. Tipp: startet das Video bei 2:22 Minuten für einige Eindrücke.
Das Video ist 17 Minuten lang. Tipp: startet das Video bei 3:40 Minuten für einige Eindrücke
Toi Market
Das Video ist 8:13 Minuten lang. Tipp: startet das Video bei 1:00 Minuten für einige Eindrücke
Das Video ist 9:06 Minuten lang. Tipp: startet das Video bei 3:00 Minuten. Da zeigen die beiden ein Top aus einer H&M Kollektion, welches sie gleich wiedererkannt haben.
Comments