Emeka ist ein junges Upcycling Label aus Berlin. Es ist gerade mal 4 Monate alt. Die modisch markanten bunten Anzüge werden in Kenia hergestellt. Sydney, den Gründer von Emeka, habe ich virtuell über ein Event der Fashion Changers kennengelernt. Das Interview mit ihm, habe ich mir aus zwei Gründen extra für Weihnachten aufgehoben. Erstens, das Jahr meines Rebound Stuff Projekts neigt sich dem Ende zu. Was im Januar mit dem ersten Interview mit Elli (Link) über Erinnerung an unseren gemeinsamen Besuch auf dem Toi-Markt (Altkleider, -Secondhandmarkt) in Kenia anfing, kehrt heute, nach 28 Interviews mit Leuten aus der Secondhand Branche, mit Emeka, zurück zum kenianischen Altkleidermakt und schließt den Kreis. Zweitens, Weihnachten ist das Fest der Liebe und genau das ist auch die Message der Marke Emeka: Liebe und Gemeinschaft. Viel Spass beim letzten Interview meines Projektjahres.
Magst du dich uns gerne vorstellen?
Ich bin Sydney Nwakanma und Ende 20. Seit einigen Jahren designe ich und habe eine Marke, mit der ich einiges bewegen will. Das ist Emeka.
Wie ist Emeka denn entstanden?
Bevor es Emeka gegründet habe, habe ich im Bereich Filme gearbeitet und habe Philosophie studiert. Danach habe ich einige Zeit Musik gemacht. Während der Zeit, in der ich Musik gemacht habe, verbrachte ich eine Artist Residency in Kenia. Dort habe ich damals die Schneider kennengelernt, mit denen ich heute zusammenarbeite.
Eigentlich bin ich aus Hamburg, meine Mutter ist Deutsch und mein Vater aus Nigeria. Ich reise schon mein ganzes Leben alle zwei Jahre nach Nigeria um meine Familie zu besuchen. Ich hatte mit meinem Cousin die Idee irgendwas dort zu starten, es gibt da so unglaublich viele talentierte Leute, aber auch wenig Arbeitsmöglichkeiten.
Erst hatten wir die Idee unter dem Label Emeka Kleidung aus Wax Print, Java Print und Ankara Stoffen, die für Afrika so berühmt sind herzustellen. Wir hatten schon eine kleine Kollektion fertig (siehe das Bild unten) als mir bewusst wurde, dass all diese Stoffe gar nicht in Afrika hergestellt werden sondern ihren Ursprung in Indonesien haben. Erst durch die Kolonialmacht der Niederländer wurden diese Stoffe nach Afrika gebracht. Da sie dort soviel Erfolg haben, gelten sie als afrikanisch. Im Grunde verdienen also die Holländer und die Chinesen, an den Stoffen, aber keine Afrikaner. Diese Stoffe unterstützen also keine lokalen Industrien, so wie das unser Ziel war. Wir legten diese Idee wieder auf Eis.
Wir haben aber weiter überlegt, was man machen könnte um die Regionen zu stärken. Nigeria ist einer der größten Cacau-Exporteure der Welt, weswegen wir uns dann an Schokolade versucht haben. Das war das zweite Projekt unter der Marke Emeka (siehe Bild unten) Das stellte sich aber als schwieriger, als wir dachten herausgestellt. Wir haben uns mit Problemen konfrontiert gesehen, die wir uns gar nicht vorstellen konnten. Wir haben zwar tatsächlich Schokolade hergestellt. Der Verkaufspreis lag aber bei 25 Euro pro Tafel, weswegen wir auch das eingestellt haben.
Hört sich nach einem bergigen Weg an, aber das hatte schon alles seinen Sinn gehabt und es hängt alles zusammen. Der Kern all dieser Dinge waren immer derselbe. Ich wollte eine direkte Brücke bauen, zwischen denen, die etwas erschaffen, die ihre Kreativität und Arbeit in das Produkt stecken und denen die das Produkt nutzen oder konsumieren. Dazu wollte ich die Region stärken, in der die Produkte hergestellt werden und diese nicht noch mehr ausbeuten.
Erstes Emeka Shirt aus WAX-Stoff (links) – erste Schokoladenproduktion (rechts)
Und wie ist dann Emeka Suits entstanden?
Es war notwendig diese ersten Erfahrungen gemacht zu haben. Dadurch konnte ich einiges abhacken und schließlich Emeka Suits starten, wobei die Suits Idee eher zu mir kamen, als dass ich sie gesucht hätte. Ich habe durch die Artist Residency, wie gesagt, eine Schneider Kollektive kennengelert, mit denen ich schon an der ersten Emeka Kollektion aus gewaxten Stoffen gearbeitet hatte. Bei einem meiner Besuche nahmen sie mich mit auf die großen Altkleider-Secondhand-Märkte und haben mir erzählt, wie die westlichen Altkleider in Afrika den Markt überfluten. Durch die Mengen an Altkleidern, die nach Afrika kommen, kann sich die lokale Textilindustrie nicht entwickeln. Es war für mich erschlagend, welche Mengen an Textilenabfällen dort landeten. Mir ist aber ein alter Vorhangstoff aufgefallen, desswen Muster mich sehr angesprochen hat und ich habe gefragt, ob sie mir daraus etwas schneidern können. Da ich persönlich Anzüge liebe und vor allem solche, die nicht schwarz und blau sind, haben sie mir dann nach meinen Vorgaben einen Anzug gefertigt. Als er fertig war, habe ich ein Bild in dem Anzug auf Instagram gepostet und gefragte wer Lust auf solche Anzüge hat. Das Echo darauf war eindeutig, der Anzug gefiel. Ich habe dann soviele, wie ich mitnehmen konnte, machen lassen und im Koffer mitgenommen. So ist Emeka Suits entstanden
Was für Menschen haben sich denn so einen Anzug bestellt? Das sind ja doch echte Statement-Suits, die ihr unter Emeka herstellt.
Eigentlich sind die Suits was für jeden, der so etwas gerne trägt und ein Statement setzen möchte. Manche bestellen ihn für einen besonderen Event, wie einen roten Teppich, sogar für Hochzeiten sind sie sehr gefragt. Die Suits sind schon eher was für Kreative. Aber was Alter und Geschlecht oder Herkunft angeht, haben wir Kunden aus allen Richtungen.
Kaufen auch Frauen eure Anzüge?
Ja, es gibt auch Frauen die sich die Suits holen, da wir auch maßanfertigen, stehen Emeka Suits allen offen.
Die Suit haben wir ja nicht marktbezogen entwickelt, deswegen haben wir hier keine Marketing Persona festgelegt, nach dem Motto, was kann man alles noch verkaufen. Die Suits sind alle Unikate und von dem Material abhängig, das wir bekommen. Derzeit verwenden wir Vorhänge, da diese tolle Farben und Muster haben und die Stoffe genug für einen Suit bieten. Emeka Suits sind lebendig. Emeka ist eine Marke, die ich geschaffen habe und die aus mir heraus spricht, deswegen trägt sie meinen Mittelnamen. Wer immer sich von ihr und den Suits angesprochen fühlt, ist bei uns willkommen.
Wie groß ist Emeka Suits denn?
Wenn du jetzt nach der Mitarbeiteranzahl fragst, dann bin das nur ich. Wenn du nach denen fragst, die an Emeka Suits mitarbeiten, dann sind das viele. Wir arbeiten im Netzwerk. Wir kooperieren bei Emeka Suits alle zusammen um etwas zu schaffen. Wir haben feste Partnerschaften und Menschen die an das glauben was wir machen, und uns unterstützen. Emeka ist mehr eine Kollaboration als ein Unternehmen mit fixen Strukturen. Sie besteht aus den Schneidern, aus mir, aber auch aus Fotografen und anderen Kreativen, die alle zusammenarbeiten.
Wo werden die Anzüge hergestellt, arbeitet ihr noch mit den Schneidern in Kenia zusammen?
Die Idee kam uns in Nigeria, aber die Umsetzung der Suits ist derzeit noch in Kenia. Die langfristige Idee ist verschiedene Suits, also verschiedene Styles & Cuts in verschiedenen Regionen der Sub-Sahara umzusetzen, damit die Arbeit verteilt wird, aber auch die besondere lokale Handwerkskunst in den Anzügen wiederzufinden ist.
Du hast ja die Altkleiderproblematik angesprochen. Welche Rolle spielt der Umweltaspekt bei Emeka Suits ?
Da sind wir auch wieder bei meinen Philosophy Studium. Damals habe ich begonnen mich mit den Krisen der Menschheit zu beschäftigen. Ich habe mich schon oft gefragt, wie wir das alles bewältigen sollen. Umwelt ist so ein großer Aspekt an sich, aber Nachhaltigkeit muss in allem was wir tun mitgedacht werden. Das Problem kann nicht von wenigen Menschen und wenigen Labels gelöst werden. Emeka ist kein Label, dass sich extra mit Nachhaltigkeit rühmt. Unsere Gesellschaft hat nicht mehr den Luxus, das Klimaproblem einfach zu ignorieren. Es reicht nicht, wenn einzelne Labels oder Firmen gegen den Klimawandel kämpfen, während andere einfach so weitermachen wie bisher. Alles was wir tun muss einen positiven Effekt auf die Umwelt haben, oder zumindest keinen negativen. Und so sieht das auch Emeka.
Ich bin das ganze Jahr von der Rassismus Debatte weg geblieben, da ich mit meinem Blog da nicht wirklich etwas beitragen konnte. Nun möchte ich dir aber die Gelegenheit geben, etwas dazu zu sagen: Emeka ist ein ‘Black Owned Business’. So steht es auf der Seite und bei Instagram. Was bedeutet das für dich?
Wir leben in einer Welt die zu einem hohen Maß ungerecht ist. Wir haben ein Gefälle zwischen Nord und Süd und Weiß und Schwarz. Afrika steht bei beiden Aspekten auf der benachteiligten Seite. Auf Ungerechtigkeit reagiert man schnell mit Hass und Aggression, um so wichtiger ist es mir, dass Emeka, als 'Black Owned Business’, dass in einem der ärmsten Regionen der Welt produziert, mit Liebe, Respekt und Kreativität auf das antwortet was global passiert.
‘Ihr schickt uns Müll nach Afrika, wir senden euch einzigartigen Anzüge zurück.' Das ist doch eine starke Message.
Emeka soll auch ein Vorbild sein für andere. Als ich jung war habe ich den Begriff ‘Black Owned Business’ nicht gehört, weil es nicht thematisiert wurde. Solche Begriffe gab es vor ein paar Jahren noch nicht. Aber darin steckt ja mehr, als nur eine Hautfarbe des Eigentümers. Zum Beispiel hat es Einfluss darauf, wie man Entscheidungen trifft. Wenn ich als Eigentümer, z.B. Bio Baumwolle in Portugal bestelle, habe ich sie in 2-3 Tagen. Wenn ich sie aber in Afrika bestelle, dann weiß ich im Zweifel nicht genau wann ich sie bekomme, weil die Infrastruktur in vielen Regionen noch nicht ausgebaut ist und man Wege schlecht in Zeit umrechnen kann. Trotzdem will ich ja bewusst mit den Leuten in Afrika, die in meinem Fall auch meine Familie sind, zusammenarbeiten.
Viele denken, wenn sie das Wort Upcycling hören noch an Patchwork Kleidung alla Desigual. Dabei haben Labels wie Emeka und Moot (link), die ich auch im Interview hatte, eine ganz neuen Perspektive und Design-Sprache als die Upcycling Mode die man bisher kennt. Siehst du Emeka als Upcycling Brand?
Ich glaube viele der Begriffe wie Upcycling und Climate Change und Environmentalism haben ein Image Problem. Wenn ich Emeka da einordnen würde, würde es dem was es ist, nicht gerecht werden. Emeka ist kulturschaffendes Element, dass dieses Imageproblem, vielleicht sogar versuchen will zu lösen. Eine Jacke zu tragen die upcycelt ist, soll geil sein. Punkt. Deswegen soll man sie kaufen, nicht weil sie Upcycelt ist. Die Muster und Pattern, hätten wir uns so niemals ausdenken können. Wir entwickeln etwas kreatives aus dem, was schon da ist und und das macht sie geiler, als alles was wir neu hätten machen können.
Das was unter dem Schlagwort Upcycling passiert, hat noch viel Luft nach oben. Mich persönlich fasziniert es, etwas daraus zu schaffen, was die Gesellschaft als Müll abgestempelt hat. Ich glaube da sind wir gerade erst am Anfang herauszufinden, was da noch geht. Da ist noch viel mehr Kreativität in der Zukunft gefragt.
Was wünscht du dir für die Zukunft von Upcycling?
Ganz einfach, dass es Mainstream ist. Nicht nur vom Style sondern auch, dass es ganz normal ist, dass Leute wissen, woher ihre Kleidung kommt, aus was sie gemacht ist und wohin sie gehen wird. Das sie verstehen, dass Mode nur funktioniert, wenn sie im Kreislauf ist. Und das es einfach nicht mehr cool ist, etwas zu kaufen und zu tragen, das später die Gesellschaft belastet. Das Herstellung und Materialien sollen wieder wichtiger werden, als die Marke und das Brand Image.
Was wünscht du dir für die Zukunft von Emeka?
Ich habe keine fixen Pläne, aber eine Vision, die sich weiter entwickeln darf und soll. Emeka muss nicht nur bei Suits bleiben, sie muss nicht mal nur Kleidung sein. Emeka soll aber Kultur sein, bleiben, schaffen und fördern. Emeka ist jetzt schon mehr Lifestyle, an dem man teilhaben kann, als es eine Kleidungsmarke ist. Einen Emeka Suit zu tragen sagt mehr über dich aus, als der teuerste Suit und die fünfte Kooperation mit einer Brand. Und wer weiß, welche Form Emeka noch in der Zukunft annehmen darf.
Danke für das Intervies Sydney und danke auch, dass das Interview mit dir mein Christmas Special sein durfte.
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