top of page
Suche
Doris Schoger

Hagen von Sneaker Rescue im Interview mit Maschinen aus einer anderen Zeit

Aktualisiert: 6. Aug. 2021

Hagen ist Gründer und Geschäftsführer von Sneaker Rescue, einem Unternehmen, das Sneaker repariert. Als ich mit meinem Blog startete, wurde mir von allen Seiten empfohlen mich mal mit Hagen zu treffen. Hagen scheint so etwas, wie der Geheimtipp zu sein, wenn es darum geht Sneaker zu retten. Also traf ich mich mit ihm in seiner Werkstatt in Berlin - Neukölln zum Interview


Wie bist du dazu gekommen, Sneaker Rescue zu gründen?


Ich hatte eigentlich Orthopädieschuhmacher gelernt, weil ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte. Mein Vater hatte das auch gelernt und da lag es nahe. Irgendwie war das zwar nicht ganz so mein Ding, aber ich bin nach der Ausbildung erstmal nach Zürich gegangen und habe dort in dem Bereich erstmal weitergearbeitet. Ich wollte etwas Geld verdienen und das ging da leichter. Eigentlich wollte ich aber schon immer irgendwie etwas Eigenes machen. Eines Tages beim Schleifen eines Schuhes ist mir dann der Gedanke gekommen, dass ich meine Sneaker immer selbst repariere und, dass eigentlich alle Menschen Sneaker tragen bzw., dass man immer Leute mit kaputten Sneakern auf der Straße sieht, aber keiner sie repariert. Ich habe mich gefragt woran das liegt und habe etwas recherchiert und niemanden gefunden der eine Sneaker-Reparatur anbietet.


In der Ausbildung hattest du ja nichts mit Sneakern gemacht, wie hast du dann begonnen?


Ich habe erst nur Zuhause an Sneakern gearbeitet, eigentlich sogar bis Ende letzten Jahres.

Ich hatte damals nach Zürich begonnen, Sneaker für andere zu reparieren und es wurden einfach immer mehr. Ich hatte relativ schnell ein Gewerbe angemeldet und dann lief die Mund-zu-Mund-Propaganda. 2018 hatte ich gegründet und seit 2019 läuft es jetzt schon gut. Seit Sommer 2017 repariere ich jetzt schon Sneaker.


Wieso reparierst du Sneaker?


Na, weil man viel Geld dafür ausgibt und dann gehen sie trotzdem oft schnell kaputt. Manche Modelle haben zum Beispiel gar keine Kappen mehr drinnen. Die gehen dann nach drei Monaten kaputt. Und wenn man keinen Bock hat, sich immer Neue zu kaufen, machen wir die jetzt wieder flott.


Was für Kunden lassen ihre Sneaker reparieren ihr?


Wir haben alles, von dem Sneakerhead, der seinen 8000-Euro-Sneaker hier abgibt, bis zu Leuten, die eine besonders emotionale Beziehung zu ihren Sneakern haben. Wie z.B., wenn der Großvater die geschenkt hat. Und dann gibt’s die nachhaltigen Kunden, Menschen die keine Lust haben, noch mehr Müll zu machen und den Konsum nicht weiter unterstützen wollen.


Sagt ihr den Leuten ehrlich, wenn es sich nicht mehr lohnt einen Sneaker zu reparieren?


Ja sicher. Wir wollen doch, dass die Leute glücklich sind. Wir sagen denen das auch, wenn wir denken, dass der Sneaker danach eher nicht mehr cool aussehen würde. Die sollen ja nicht enttäuscht sein. Die Kunden sollen danach ja wieder geile Schuhe haben.


Wie viele Kunden habt ihr zurzeit?


So ca. 250-300 im Monat würde ich sagen.


Und wie erfährt man bei euch die Preise?


Man schickt Fotos oder kommt vorbei. Dann machen wir ein Angebot.


Und wie viele kommen vorbei und wie viele schicken die Schuhe her?


70% schicken sie, 30% kommen vorbei. Die Anfragen kommen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Portugal, Luxemburg. Aber verstärkt aus dem DACH Bereich. Eine Deutsche hat uns sogar aus Hawaii angeschrieben, aber der haben wir dann gesagt, dass das am Ziel vorbei ist, wenn sie uns Schuhe um die ganze Welt schickt, um die zu reparieren.


Ihr habt ja bei Instagram schon um die 6000 Follower, würdest du sagen, es besteht gerade ein Hype um euch?


Ne noch nicht, der kommt aber gerade. Wir gehen jetzt in die Vollen. Wir bauen den Hype jetzt gerade auf, aber das dauert noch etwas.


Habt ihr irgendeine Verbindung zu den Sneakermarken?


Ne gar nicht. Nur zu einigen Kleinen. Ich hatte mit einer vermeintlich nachhaltigen Sneaker-Marke Kontakt, aber das Konzept war ihnen dann doch noch zu neu. Mal sehen, wie nachhaltig ein paar Marken am Ende wirklich sind wenn es konkret wird. Da ist von den Marken noch nichts rumgekommen. Man könnte aber so viel mit denen zusammen machen.

Ich hatte sogar mal überlegt was mit Humana zu machen, aber die wollten dann nicht. Aber ja, ich bin auf jeden Fall offen für Kooperationen, um Sneakern durch Reparaturen ein längeres Leben zu geben.


Was ist euer Ziel?


Wir wollen, dass jeder, der sich einen Sneaker kauft, weiß, dass er ihn bei uns, wenn er will, reparieren lassen kann. Und, dass es auch klar ist, dass man die nicht wegschmeißen muss, wenn nur eine Stelle kaputt ist. So ist der Plan.


Dr. Dre trug ja jeden Tag neue Air Force, damit die immer ganz weiß sind. Denkst du, wenn das heute jemand machen würde, würde es stärker kritisiert werden?


Ne, ich glaub auch wenn das Thema Nachhaltigkeit immer präsenter wird, dass es immer noch genug Leute gibt, denen das ganz egal ist. Es ist halt ein Lifestyle.


Ihr bietet ausschließlich Sneaker Reparaturen an, oder?


Ja, ich denke man macht lieber nur eine Sache und dann richtig. Ich trage selber nur Sneaker, die sind mir vertraut. Alles durcheinander geht, glaube ich, nicht mehr, weil man sich irgendwann spezialisieren muss.


Wo ist Sneaker Rescue in fünf Jahren?


Alles will ich nicht erzählen, aber wir schauen jetzt dieses Jahr erstmal, wie es läuft.

Ich denke, dass wir mehr Läden eröffnet haben werden. Der Plan ändert sich ja durchaus während der Durchführung.

Und wir wollen Limited-Edition-Sneaker komplett selbst bauen. Die werden dann streng limitiert und Sammlerstücke. Dementsprechend werden sie auch eher teuer sein. Die Leisten sind schon bestellt. Insgesamt wollen wir zwölf Paar machen, die dann versteigert werden.


Als Partner habt ihr ja Collonil und verwendet deren Produkte. Wieso?


Collonil ist ein Traditionsunternehmen aus Berlin.

Am Anfang war ich aber auch skeptisch. Wenn es um so Sneaker-Cleaning-Wipes und sowas geht, die sind super teuer und bringen meiner Meinung nach nichts. Am Ende ist eigentlich überall das Gleiche drinnen.

Aber Collonil hatte mich überzeugt, die machen gute Sachen. Die Produkte riechen gut, beinhalten gute Inhaltsstoffe und sie machen Schuhe sauber. Und man hat kein Risiko der Gelbstichigkeit, wie bei anderen Sneaker- Shampoos.


Wo habt ihr die alten Maschinen her?


Von ebay und meinem Vater. Sowas kriegst du heute sonst nicht mehr in der Qualität.



Und wie viele seid ihr jetzt hier im Laden und der Werkstatt?


Wir sind zu viert: zu dritt in der Reparatur und einer im Kundenservice.


Mit welcher Marke würdest du gern eine Life-Long-Garantee-Coop machen?


Ascis oder Reebok Classics. Die haben geile Produkte, da würden wir aber Originalmaterial bestellen wollen. Das macht das Reparieren gleich einfacher, dann muss man nicht zu viel Look-Alike-Material suchen.


Welche Marke an Sneakern kommt hier am meisten an?


Komplett durch die Bank. Bis zum Nobrand-Sneaker. Weil es einfach Lieblingsstücke sind. Vor allem bei Billigmarken, wenn man die Sachen echt mag, lohnt es sich die zu reparieren.


Macht ihr sonst was in Sachen Nachhaltigkeit?


Ja, wir geben bei jedem Paar einen Euro an eine NGO – Südwind - ab.


Wieso sollte man den Sneaker eher bei euch reparieren lassen, bevor man sich einen neuen kauft?


Oh, das musst du die Kunden fragen. Wir möchten niemandem etwas aufzwingen, was er nicht will. Jeder wird seine eigenen Gründe haben: Lieblingsschuhe, Nachhaltigkeit oder weil die 8000 Euro gekosten haben. Der Kunde hat ein Problem, wir bieten ihm eine Lösung an. Ganz einfach.


Ihr arbeitet hier noch ohne digitales System. Könnt ihr euch merken, was mit jedem Schuh gemacht werden soll und wohin der dann geht?


Ja, aber es ist nicht einfach.



Danke Hagen für deine Zeit und die Tour durch deine tolle Werkstatt. Während der ganzen Zeit des Interviews packte Hagen Pakete zum versenden und im Hintergrund lief die Schleifmaschine, an der ein Mitarbeiter arbeitete. So ein bisschen fühlte ich mich als hätte ich gerade eine Zeitreise zu den jungen Dasslers gemacht, nur eben, dass jetzt die Sneaker nicht gebaut, sondern repariert werden.


Natürlich habe ich Hagen auch ein paar Schuhe zur Reparatur da gelassen. Seht ihr den Unterschied?


Vorher Nachher Bild Sneaker reparatur
Neue Sohle bei Adidas Gazelle


Hier noch ein persönlicher Eindruck von Hagen von Gallileo



Wenn ihr mehr Konzepte, wie das von Hagen, kennenlernen wollt und um eure Sachen länger leben zu lassen, folgt uns auf Instagram oder abonniert euch unseren Newsletter.




Comments


bottom of page