Vor einiger Zeit hatte ich ein Interview mit Thekla, eine der Mitgründerinnen der Kleiderei. Wir haben uns damals darüber unterhalten, wie sich Miet-Mode wohl weiterentwicklen wird. Wie es mit der Kleiderei nach der Insolvenz weitergegangen ist, habe ich in dem Artikel nicht thematisiert. Diese Geschichte habe ich mir für diesen Artikel aufgehoben. Und an alle, die dachten, die Kleiderei gebe es nicht mehr: da liegt ihr ganz falsch.
Die Kleiderei gibt es noch und sie wächst mit einem abgeänderten Konzept unter neuer Leitung!
Die Kleiderei wurde 2012 als erstes Fashion-Sharing-Modell Deutschlands von Pola Fendel und Thekla Wilkening in Hamburg gegründet – zunächst mit einem lokalen Store,
anschließend als Online-Konzept.
Im Mai 2016 wurde – begleitend zum Versand – von Lena Schröder die Kleiderei Köln als pysischer Store eröffnet. Nach der Einstellung der Online-Plattform übernahm sie die Kleiderei, führte die Online-Präsenz aber nicht mehr fort, sondern konzentiert sich auf die Verbreitung des Konzepts durch lokale Stores. Ihrer Meinung nach ist es nachhaltiger, Kleider innerhalb einer eigenen Community bzw. der Stadt zu leihen und teilen, statt sie in ganz Deutschland herumzuschicken. Deswegen entwickelte sie 2019 ein zugehöriges Franchise und setzt damit auf die Expansion in andere Städte – und zwar mit Partnern die, die Städte kennen und Communities dort aufbauen möchten. Als erste Partnerin eröffnete Maria Schorn im gleichen Jahr erfolgreich den ersten Franchise-Store der Kleiderei in Freiburg.
Kleiderei Store in Freiburg & Kleiderei Store in Köln
Ansonsten ist auch einiges gleich geblieben: Mit einer monatlich kündbaren Mitgliedschaft können Mitglieder sich jederzeit alles aus den Stores ausleihen. Sie nehmen mit, worauf sie heute Lust haben und tauschen morgen, in einer Woche oder in drei Monaten – wann immer sie wollen. Jeden Tag gibt es neue Teile in den Stores, die vorher einem anderen Mitglied den Alltag oder ein Event versüßt haben.
Der Vorteil an einer Mitgliedschaft bei der Kleiderei ist, außer den Nutzen der Kleidung zu verlängern und so kostbare Ressourcen zu schonen, sich auszuprobieren, neue Styles zu entdecken und Fehlkäufe sowie Fast Fashion zu vermeiden.
Und auch weiterhin gilt: Wer einmal ein Lieblingsstück in der Kleiderei gefunden hat, kann dieses selbstverständlich auch kaufen. Das vorherige Leihen stellt sicher, dass nur noch absolute Lieblingsstücke gekauft werden, die einen noch lange begleiten.
Das Sortiment der Kleiderei setzt sich aus bereits bestehenden Kleidungsstücken sowie ausgewählten Teilen nachhaltiger Partnerlabels zusammen. Was in den Stores keine Verwendung findet, wird der Deutschen Kleiderstiftung zur Verfügung gestellt und kommt damit Kleiderkammern und sozialen Projekten zugute. Ach ja, das Ganze gibt es aber derzeit nur für Frauen. (Wer auf so etwas für Männer wartet, für den lohnt es meinen Blog weiter zu verfolgen, denn bald stelle ich POOL, ein ähnliches Konzept für Männer vor.)
Und bevor ich noch mehr darüber schreibe, lasse ich Lena in einem schnellen 3 x 3 die Kleiderei selbst vorstellen.
1. Was sind deine 3 Zukunftsvisionen für die Kleiderei?
Kleiderei soll als Gemeinschaft wachsen, dabei liegt der Fokus auf lokalen Stores.
Unsere Vision ist es, eine deutschlandweite Community aufzubauen, die über Städte hinweg Kleidung leiht und wir so – mit vielen engagierten Mitstreiter*innen – eine nachhaltige Mode mitgestalten können!
Unsere 3 nächsten Big Steps auf dem Weg dahin sind:
Die Weiterentwicklung unserer App
Die Eröffnung einer Kleiderei Filiale in Berlin (YAY! - Seid gespannt!)
Die Suche nach weiteren Partner*innen für Kleiderei Stores
2. In welchen 3 deutschen Städten hättest du am liebsten Partner oder würdest selbst Läden der Kleiderei eröffnen wollen?
Es steht ja schon fest, dass wir 2021 in Berlin eröffnen. Meine 3 Favoriten für weitere Partnerstädte sind:
Hamburg, Leipzig, Frankfurt
3. Was sind die 3 größten Vorurteile, die Menschen gegenüber der Miet-Mode haben?
Puh, da kommt es – finde ich – total drauf an, um welches Mode-Miet-Modell es sich handelt. Es gibt ja mittlerweile viele Unterschiedliche. Allgemein passen natürlich gängige Vorurteile wie auch bei Second Hand Mode, wie z.B. sie sei schon (1) kaputt, unhygienisch oder unmodern.
Eine Befürchtung, die Kleiderei Kundinnen manchmal äußern ist, dass sie denken, (2) dass sich die Mitgliedschaft für sie nicht „lohnt“. Eine Annahme, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, denn es lohnt sich immer, Sachen nicht neu zu kaufen, weniger zu verschwenden und mehr wiederzuverwenden! Das trifft vielleicht nur auf Kundinnen zu, die sowieso schon alles, was sie benötigen, Secondhand kaufen. Sonst ist das Quatsch!
Aber man rechnet sich auch einfach nie den Preis seiner Kleidung bezogen auf den Nutzen aus.
Aus einer Greenpeace Studie wissen wir: Im Schnitt wird ein Kleidungsstück 4x getragen, bevor es aussortiert wird!
Es gibt z.B. eine besondere Bluse in deinem Kleiderschrank; die hast du dir für 80€ gekauft – das entspricht ca. einem Vierteljahr Kleiderei Mitgliedschaft! Innerhalb von einem Jahr hast du sie vielleicht an vier Tagen getragen und dich leider schon satt gesehen. Passiert. Aber man würde sich nie ausrechnen, dass man für einmal tragen dieser Bluse 20€ ausgegeben hat!
Definitiv ist unsere größte Herausforderung das (3) Umdenken der Konsument*innen! Man konsumiert innerhalb der Kleiderei Kleidung ganz anders, als wir es kennen. Wir alle sind gewohnt Einkaufen zu gehen und uns etwas zum anziehen zu KAUFEN, nun gehen wir eben und LEIHEN uns etwas zum anziehen. Es ist genauso einfach – sogar noch einfacher, denn wir müssen uns nicht verpflichten.
Aber alle 3 Vorurteile haben die gleiche Lösung: Man muss einfach mal raus aus der Kompfortzone, mutig ins kalte Wasser springen und das Konzept ausprobieren. Es gab diese Möglichkeit Kleidung zu nutzen vor Kleiderei ja noch nicht – klar kann man nicht wissen, ob es für einen passt und funktioniert, aber es ist definitiv eine super Selbsterfahrung! Und die meisten Mutigen sind begeistert!
Danke Lena für deine Antworten.
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